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VÄTER, BLEIBT ZU HAUSE!

Updated: Jun 22, 2020

FAMILIE UND GLEICHBERECHTIGUNG



Es steht immer noch zur Diskussion welcher der beiden Elternteile nach der Geburt des Kindes zu Hause bleibt. In den Medien werden Themen laut, wie Frauen Beruf und Kinder vereinbaren können und dass zunehmend Männer in Elternzeit gehen. Erst neulich erschien ein Artikel in der FAZ mit der Überschrift „Frauen, lasst die Teilzeit sein!“. Auffallend ist, dass häufig Frauen beurteilt und ihnen bestimmte Verhaltensweisen zugeraten werden, wie sie ihr Familienunternehmen am besten leiten und der Doppelbelastung standhalten können und Väter gar medial gelobt werden, weil mittlerweile mehr von ihnen Elternzeit nehmen. Fakt ist, die Gleichberechtigung ist dahingehend in keiner Weise vorhanden. Die Zahlen sprechen für sich: Laut dem Bundesamt für Arbeit arbeiten 47,9% aller sozialversicherungsbeschäftigten Frauen in Teilzeit. Bei den Männern sind es 11,1%. Nur jeder dritte Vater bezieht Elterngeld. Dem Statistischen Bundesamt nach beanspruchen 90% der Mütter mindestens 12 Monate Elternzeit für ihre 2015 geborenen Kinder. 80% der Väter beanspruchen jedoch lediglich maximal zwei Monate Elternzeit. Diese zwei Monate ermöglichen die sogenannten Partnermonate, d.h. eine Verlängerung des Elterngeldbezugs. In diesen zwei Monaten kann man als Familie doch mal schön in den Urlaub fahren, oder? Ein alltäglicher Umgang mit Haushalt und Kind: Fehlanzeige. Doch was sind die Gründe der Väter keine oder wenn nur in kurzem Umfang Elternzeit zu nehmen?  „In meinem Job ist es unmöglich Elternzeit zu nehmen.“ Und ob! Denn der rechtliche Anspruch besteht. Und wieso sollte es bei den Müttern eurer Kinder einfacher sein? Ach ja, stimmt, es gibt ja noch bestimmte Frauenberufe. Dort sind die Arbeitgeber*innen in den letzten Dekaden ja schon darauf eingestellt worden, dass Frauen Kinder bekommen können. Es wird längst Zeit, dass sich die Arbeitsstrukturen „Männer dominierter“ Berufe gleichfalls dafür öffnen. Auch Männer „bekommen“ Kinder. Den Druck gibt man nach oben und ein zu Hause bleiben des Mannes ermöglicht eine qualifizierte weibliche Arbeitskraft. „In meiner jetzigen Position, zur jetzigen Zeit, kann ich nicht weg!“ Ach ja? Welche Motive lassen die Väter zu diesem Entschluss kommen? Keiner kann es so gut wie einer selbst? Man(n) sei unersetzlich? Ohne einen selbst laufe der Laden nicht und alles bleibe liegen? Oder die Angst, dass man(n) diese Berufschance kein zweites Mal bekommt? Dass ma(n) austauschbar oder ersetzbar ist? Womöglich auch beides? Welch' Paradoxon. „Ich verdiene mehr als meine Frau. Wirtschaftlich gesehen ist es also sinnvoller, wenn ich keine Elternzeit nehme.“ Frauen verdienen im Schnitt 20% weniger. Ergo Väter bleiben wirtschaftlich gesehen nicht zu Hause. So bedingen sich Ungleichheiten. Das sollte als Antwort im Hinblick auf die Gleichberechtigung reichen. „Wenn die Kinder so klein sind, ist es rein biologisch besser, sie bleiben bei der Mutter.“ Die Krux der nicht vollzogenen Gleichstellung ist in der Tat, dass Frauen Kinder bekommen können und Männer nicht. Das ist der Unterschied. Und ja, Mütter können stillen – aber auch längst nicht alle. Kinder brauchen in erster Linie Nähe und Geborgenheit und das können Väter auch. Frauen gebären Kinder. So what? Zeugen klappt nur zu zweit. Nicht nur Frauen werden Mütter, sondern Männer werden auch Väter. Die Verantwortung liegt bei beiden. „Meine Frau ist ja auch freiwillig zu Hause geblieben.“ Ich sage nein! Eine solche Freiwilligkeit kann es nicht geben. So lange Frauen nicht dieselben Berufs- und Ausbildungschancen haben, solange sie nicht gleich verdienen, solange die Rollenverteilung so ungleich ist und die Rollenerwartungen so sind, wie sie sind, so lange Väter nicht in gleichem Umfang zu Hause bleiben – solange kann es meines Erachtens diese Freiwilligkeit nicht geben.  Im Zuge meines Soziologiestudiums haben wir gut 20 Frauen nach der Geburt ihres Kindes/ihrer Kinder zu ihrem Wiedereinstieg ins Berufsleben befragt, welche Unterstützung sie bräuchten. „Mein Mann unterstützt mich da voll und ganz.“ Auf konkrete Nachfragen, wie diese Unterstützungen aussehen, erhielten wir Antworten wie, „ab und zu einkaufen und Wäsche waschen“. Eine Handvoll der Frauen brach während der Interviews emotional zusammen. Es wurde eins sehr deutlich: ein wenig Haushalt oder am Wochenende oder im Urlaub Kinderbetreuung der Väter reichen bei weitem nicht aus. Zu sagen, „ich stehe hinter dir“ und keine Taten folgen lassen, ist nicht die Unterstützung, die Frauen brauchen. Es gibt gewisse Verantwortungsbereiche bei Kindern und Haushalt, die gleich verteilt werden müssen. Wer ist dafür zuständig (nicht: wer übernimmt gelegentlich diese Aufgabe) Wäsche zu waschen, d.h. zu wissen, wann die nächste Maschine anzustellen ist, wie viel Waschmittel noch da ist, wer sie trocknet und einsortiert? Wer ist dafür zuständig, Klopapier zu kaufen, Zahnpasta, …? Wer holt die Kinder von der Kita ab, wenn sie krank sind? Die Aufteilung ist sehr kleinteilig und je länger die Frauen zu Hause bleiben, desto größer und ausgeprägter werden ihre, meist schon durch deren Eltern vorgelebten, Verantwortungsbereiche. Da ist es nicht verwunderlich, dass man beim gemeinsamen Essen am Wochenende, das Tischdecken und Kochen übernimmt, weil der Mann es ja nicht so gut kann - er macht es schlichtweg seltener und als Chefin des Verantwortungsbereichs, lässt man sich da auch häufig nicht reinreden. Doch den Ball schiebe ich an dieser Stelle nicht wieder den Frauen zu. Ganz unter dem Motto, liebe Frauen ihr müsst auch mal abgeben können! Nein, liebe Männer, übernehmt ihr einfach rechtzeitig Verantwortung.  Kinderbetreuung und Haushalt bedeutet Arbeit. Es ist ein Vollzeitjob. Eine Mutter kann sich neben diesem Vollzeitjob, nicht zusätzlichen beruflich verwirklichen. Wer eine Familie gründet, muss sich im Klaren sein, kürzer zu treten und das betrifft beide Partner. Die Milchmädchenrechnung ist ganz einfach und nicht geschlechtsspezifisch: Zwei Personen gründen eine Familie, Kinderbetreuung: 50-50. Letztlich soll es hier nicht darum gehen, dass sich Frauen dafür rechtfertigen müssen, wenn sie zu Hause bleiben. Ich fordere vielmehr neue Rollenkonzepte und eine neue Rollenakzeptanz. Ich fordere ein neues Grundkonzept von Familie und Aufgabenteilung. Ich fordere, dass nicht mehr zur Diskussion gestellt werden muss, wer zu Hause bleibt. Es muss selbstverständlich sein: Väter bleiben im selben Umfang zu Hause und Punkt. Seid ein Vorbild für künftige Generationen! Tut es der Mutter eurer Kinder zuliebe, tut es euren Kindern zuliebe, tut es der Gesellschaft und der Gleichberechtigung zuliebe – und tut es euch selbst zuliebe! Johanna 


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