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Intimes Portrait

Updated: May 18, 2021


Ich weiß noch wie es früher war, wenn ich mich ausgezogen habe und es anschließend in den Badeanzug, die Dusche oder ins Bett ging. Mein Slip landete dabei nicht unbewusst auf dem Haufen Klamotten, sondern wurde ganz sorgfältig so abgelegt, dass für niemanden das Innere sichtbar war. Ich habe mich für das geschämt, was aus mir heraus kam. Ich habe mich dreckig gefühlt und als würde ich alles dreckig machen, mit diesem nicht einzuordnenden Ausfluss. Es war mir unangenehm, dass Menschen sehen könnten, wie dreckig ich bin. Ich wollte mich selbst nicht sehen. Damals hatte ich kaum Kontakt zu meiner Yoni, mittlerweile hat sich das gewandelt – ich schätze sie, liebe sie, fühle sie, sehe sie, rieche und schmecke sie. Ich schäme mich nicht für das, was ich hinterlasse oder werte es als „etwas schmutzig machen“. Ganz im Gegenteil bin ich dankbar für die Zeichen meiner Fruchtbarkeit und Lebendigkeit, meiner Sexualität und meines zyklischen Seins. Vielleicht geht es Dir ähnlich, vielleicht stößt es Dir auch auf, meine Slips zu betrachten. Ich möchte niemanden schocken, sondern eher einen Raum öffnen, um in Dialog zu treten. Über etwas, das oft mit viel Scham, Unsicherheit und fehlendem Körperwissen behaftet ist und dieses Etwas aus der Dunkelheit ins Licht zu bringen. Jeder Mensch hat eine andere Beziehung zu ihrem/seinem Körper und Zyklus und höchstwahrscheinlich auch eine andere Reaktion auf die folgenden Bilder.


Drum lass mich dich einladen, zu beobachten, was Du beim Lesen und Sehen fühlst und was Du damit verbindest. Ich habe diesen Slip irgendwanneinmal in meinem Wäschekorb gefunden und frage mich bis heute, wie er dahin kam. Von einer meiner damaligen MitbewohnerInnen war er nicht, drum habe ich ihn eingesteckt und mich gefreut. Er begleitet mich schon seit einigen Jahren und ist schon ein wenig aus der Form geraten.

Ich ziehe ihn gerne an, wenn ich meine Periode habe – da darf nichts kneifen und nichts jucken. Ich zelebriere meine Periode mittlerweile mit Zeit für Ruhe und Stille, Zeit für Kreativität und Schwesternschaft. Letzten Monat haben eine Freundin und ich zusammen in ihrem Van geblutet. Wir haben geschmaust, geschmust, musiziert und geschlafen. Ich liebe diese Zeit der Regeneration, des Rückzugs und der Einkehr in mich und meine Stille.


Ich liebe mein Blut, freue mich über die verschiedenen Farbnuancen und –töne. Mal lass ich es fließen, mal fange ich es auf. Als Gebet gebe ich es an die Erde zurück.

Ausfluss, Weißfluss, Schleim. Das sind nicht wirklich Begriffe, mit denen ich gerne um mich herum schmeiße. Auch mit anderen Begriffen in Bezug auf meine Yoni habe ich so meine Widerstände, so wie Schamlippen, G-Punkt oder Scheide. Für mich geht es darum, meinen eigenen Körper kennenzulernen und Wörter zu verwenden oder zu kreieren, mit denen ich mich wohl fühle, die etwas Heiliges verkünden. Meine Yoni und all das, was mit ihr in Verbindung steht, ist für mich heilig. Ich möchte sie liebkosen mit meiner Sprache und mit meiner Aufmerksamkeit. Worte finden, die ihr schmeicheln, die ich gerne auf meiner Zunge koste und der Welt verkünde. Die einen Stolz und eine Verbindung beschreiben, die nichts mit Scham und männlichen Ärzten zu tun haben (Gräfenbergzone, G-Zone oder G-Punkt ist nach dem deutschen Arzt Ernst Gräfenberg benannt).


Für jemand Außenstehendes war es bestimmt ein witziges Bild, wie ich da in meiner kleinen Van-Küche stand und den Slip auf der Arbeitsfläche ausgebreitet habe, um ihn ins richtige Licht zu rücken. Um ihn überhaupt ins Licht zu rücken. Immer wieder erwische ich mich, wie ich meinen Slip so positioniere, dass ihn nicht jede/r zu Gesicht bekommt. Es ist etwas, dass ich mir selbst angelernt und antrainiert habe, um dazu zu gehören, um nicht anders zu sein, um normal zu sein. Dabei bin ich so normal, wie ich normal sein kann. Und warum will ich eigentlich normal sein? Warum will ich dazu gehören? Ich will nicht normal sein, wenn das bedeutet, jeden Tag einen blütenweißen Slip vorzeigen zu können oder wenn es bedeutet, meinen Körper zu verstecken, nicht authentisch und liebevoll mit mir selbst in Kontakt zu sein. Dazuzugehören bedeutet dann wohl, nicht darüber zu sprechen, nicht zu hinterfragen, warum in Slipeinlagen-Werbungen das Blut als blaue Flüssigkeit dargestellt wird und es nur darum geht, dass alles ganz „normal“ so weiterläuft wie sonst. Ein lineares fake Leben: Ich bin die ganze Zeit happy drauf, fühle mich immer wohl mit mir selbst und habe Lust auf Kontakt, kann dann noch 40 Stunden die Woche arbeiten und sehe dabei auch noch toll aus. Was ein Bullshit! Ich habe Lust, ich selbst zu sein und dann gehöre ich lieber nicht dazu.

Vor gar nicht allzu langer Zeit, traten Menschen und mit ihnen Bücher, Texte und andere Wunder in mein Leben, die meinen Blick auf meinen Körper veränderten. Es hat etwas mit Körperwissen zu tun und mich macht es ziemlich traurig zu sehen, wie viel Unwissen in Bezug auf die sogenannte weibliche Anatomie oder den weiblichen Körper in der Welt da draußen herum kursieren. Drum bin ich dankbar, immer mehr zu verstehen, wie sich mein Körper und mein Zyklus mir offenbaren, wie ich mich begleiten und unterstützen kann.





Es ist ein sich Antasten, Erspüren und Erfühlen. Ein sich belesen und hinterfragen, sich auseinander setzen und erforschen. Es gibt für mich keinen „nicht einzuordnenden Ausfluss“ mehr, denn ich verstehe immer mehr, was in meinem Körper passiert und wie mein Zyklus in mir Gestalt annimmt.





Ich empfinde Freude daran, mich kennenzulernen, ich empfinde Demut für die Abläufe in meinem Körper und versuche ihn darin zu unterstützen, ich achte meine emotionalen Veränderungen und Stimmungen und liebe mich jeden Tag ein bisschen mehr so, wie ich bin.

Danke für Deine Aufmerksamkeit und Dein offenes Herz.

Von Lea



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