top of page

Interview mit Kacktuss, einer legendären Kulturschaffenden in Leipzig

Updated: May 18, 2021



Katha aka Kacktuss aka DJ Schluckt betreibt ihr eigenes Musiklabel mit dem Namen „Tortellini Records“. Beim Leipziger Radiosender Sphere Radio hat sie passend dazu eine Sendung namens Radio Tortellini, die man jeden letzten Donnerstag im Monat um 20.30 Uhr hören kann. Darüber hinaus veranstaltet sie Konzerte, gibt Workshops zum Thema Kassetten und engagiert sich ehrenamtlich in verschiedenen Kulturvereinen in Leipzig.

Katha, ich kenne dich jetzt schon seit 10 Jahren. Wie bist du eigentlich dazu gekommen, selbst Musik zu machen? Gab es ein bestimmtes Ereignis oder Erfahrungen, die eine Art Katalysator dafür waren?

Im Grunde fing alles damit an, dass meine Kassettensammlung immer größer wurde. Da sind viele interessante Sachen dabei, zum Beispiel Tapes, die ich von meinen Reisen nach Russland mitgebracht habe oder aber auch welche, die ich auf der Straße finde. Musikalisch ist alles Mögliche dabei, vieles aber aus dem experimentellen Bereich. Außerdem besitze ich einige Tapes, die nur in ganz kleinen Auflagen herausgekommen sind.

Freunde von mir haben dann vor ein paar Jahren ein Konzert in Leipzig gespielt und fragten mich, ob ich an dem Abend meine Tapes auflegen wollen würde. Ich hab zugesagt, mir einen superbilligen DJ-Mixer auf Ebay Kleinanzeigen gekauft, mir Walkmans geliehen und hab mir dann in einer Woche auflegen beigebracht. Das hat großen Spaß gemacht, aber irgendwann fing ich an, mich damit zu langweilen ‚nur‘ Lieder abzuspielen und so hab ich angefangen herumzuexperimentieren und was dabei rauskam ist heute ein Setup aus modulierten Tapes und dronigen, teilweise sphärischen Klängen.

Ich kenne keine vergleichbare Technik deine Sounds zu erzeuge. Magst du uns deine Technik noch einmal genauer beschreiben und wie du auf diese gekommen bist?

Das stimmt so nicht ganz. Es gibt schon einige Leute, die eine ähnliche Technik wie ich verwenden. Am bekanntesten ist da vielleicht Amulets, ein Klangkünstler aus den USA. Weil diese Menschen sich aber eher an den Randgebieten herkömmlicher Musikgenres und -szenen bewegen, bekommt man das teilweise einfach nicht mit.

Zu meiner Technik: Ich habe oben bereits erwähnt, dass mich Auflegen irgendwann nicht mehr gefordert hat. Ich habe dann verschiedene Gitarrenpedale, zum Beispiel Delays, Pitchshifter oder Loops, in mein Setup aufgenommen, um den Klang der Tapes zu verfremden. Außerdem spiele ich meistens bis zu vier Walkmans gleichzeitig und benutze zusätzlich noch Noiseboxen, die frickelige oder piepsende Geräusche erzeugen. Ich kam darauf, weil das alles relativ günstige Werkzeuge sind und man nicht viel technisches Verständnis für die Bedienung braucht, sondern alles intuitiv machen kann. Diese Herangehensweise ist mir auch sehr wichtig, weil ich nicht zu den krassen Techniknerds gehören will, bei denen der Klang in den Hintergrund tritt und es nur noch um Synthesizer und teure Spielzeuge geht. Haha.

Du hast irgendwann auch dein eigenes Label „Tortellini Records“ gegründet. Was war der Impuls und die Idee dazu? Welche Genres werden bedient und wieso hast du dich für die Kassette als Tonträger entschieden?

Die Idee ein Label zu gründen, kam eigentlich nicht von mir, sondern von meinen Freund*innen Julia und Alex. Die zwei haben sich auch den Namen überlegt. Ich habe nur später übernommen, weil die beiden keine Zeit hatten. Es war also eigentlich eher ein Zufall und ursprünglich wollte ich nur, dass die beiden ein Album von mir veröffentlichen, das ich im Suff mit einem Freund aufgenommen habe. Dieses Album ist bis heute nie herausgekommen, dafür aber 22 tolle Veröffentlichungen seit Februar 2018!

Auf ein Genre möchte ich mich eigentlich nicht beschränken, mir geht es eher darum, kleine Projekte zu unterstützen und auch eine Art Plattform oder Bibliothek der Leipziger Subkultur zu schaffen. Wobei natürlich nicht alle Interpret*innen aus Leipzig kommen, es sind auch Leute aus England, der Schweiz oder Rumänien dabei.

Für die Kassette als Tonträger habe ich mich entschieden, weil sie natürlich in der Herstellung sehr billig ist. Aber Kassetten sind auch einfach schöne Gegenstände, sie liegen gut in der Hand. Man hat so viele Möglichkeiten in der Gestaltung sowohl von der Kassette als auch vom Booklet. Ich find das alles einfach toll! Und einen kleinen Umweltaspekt gibt es auch, denn Kassetten lassen sich ja auch ganz einfach überspielen, wenn man das möchte. Ich gebe an dieser Stelle auch zu, dass ich schon Tapes, die mir doch nicht gefallen haben, mit etwas anderem bespielt habe. Bleibt aber unser Geheimnis!

Wie ist es für dich als Frau in der Musikszene? Kennst du einige weibliche Kulturschaffende in deinem Umfeld oder ist dieses eher männerdominiert?

Ich kenne natürlich schon Frauen, die Musik machen, Konzerte organisieren oder auflegen aber klar, die Szene ist auf jeden Fall männerdominiert. Ich fände es hier an der Stelle aber auch wichtig, eigentlich nicht von Frauen zu sprechen, sondern generell von FLINTA-Personen, denn unsere Erlebnisse mit Diskriminierung und Sexismus sind oftmals ja ähnlich. Ich denke, dass sich die Musikszene in Leipzig aber auch an anderen Orten langsam verändert und sich für FLINTA-Personen öffnet. Das verdanken wir den vielen engagierten und mutigen Personen, die öffentlich auf diskriminierende Situationen und Verhältnisse aufmerksam machen und die Kulturszene aktiv gestalten. Da gibt es inzwischen zumindest in Leipzig viele Angebote. Im Conne Island, einem linken Kulturzentrum/Veranstaltungsort, gibt es einen DJ-Raum für Frauen und es gibt auch eine All-Female-DJ-Crew namens G-Edit. Viele Booker*innen achten inzwischen darauf, dass an einem Abend nicht nur Männer spielen oder buchen vorzugsweise Bands mit gemischter Besetzung. Das nur als zwei Beispiele. Also es passiert schon was, aber wir sind noch lange nicht am Ziel angekommen, wo wir von einer egalitären, inklusiven Szene sprechen können.

Ich fühle mich als Frau in der Musikszene eigentlich sehr wohl. Das liegt vielleicht aber auch an meinem Charakter. Eine große Klappe kann schon manchmal helfen. Diskriminierende Erfahrungen mache ich aber natürlich trotzdem. Zum Beispiel, wenn ich gemansplaint werde und er mir erklärt wie ein DJ-Mixer funktioniert haha. Manchmal zieht mich das natürlich runter aber aufgeben und unterbuttern lassen ist einfach keine Option!


Katha, vielen Dank für die spannenden Einblicke in dein musikalisches Schaffen! Keep up the good work – wir kaufen (spätestens jetzt) alles! <3

Interview von Johanna


Links:

www.tortellinirecords.bandcamp.com (#buy. fresh and fancy diy tapes)

www.instagram.com/tortellini.records (#follow. lohnt sich!)







































44 views0 comments

Recent Posts

See All
bottom of page